Oktober 2025 – Ein Bericht aus der anderen Provinz
(von Sven-Ola)
Das Support-Ende für Windows 10 ist ausgerufen. Jetzt zwar mit Gnadenjahr – aber das ist eine andere Geschichte. Der Nachfolger ist unbeliebt, weil der Software-Hersteller den Übergriff auf Kunden-PCs mindestens wo weit ausdehnt, wie das die Nachbarkonzerne mit den jeweiligen Smartphones bereits handhaben. Ein großer Teil der vorhandenen Rechner-Hardware läuft auch nicht mehr mit der neuen Version, so eine andere Erzählung.
Das Fablab Lüneburg erfreute sich daher in den letzten Monaten über mehrere Hardware-Spenden. Laptops und PCs, einfach ausrangiert. Gar nicht mal so unmoderne Technik – viel zu schade zum Entsorgen. Aber leider nicht mehr tauglich für den vertrauenswürdig überwachten Einsatz in kritischer Funktion. Aber deutlich gut genug für – Trommelwirbel – Linux.
Szenenwechsel. Der Sommer war schön. Das Fedicamp fand auch 2025 wieder statt. Ein Besuch im Wendland „am Arsch der Heide“ mit Camping-Möglichkeit für Interessierte Fediverse-Benutzer aus Nah und Fern. Social Media selbst gemacht. Ein Treffen mit vielen bekannten und einigen neuen Gesichtern. Veranstaltungen schaffen Kontakte. Hoffentlich auch nächstes Jahr, der Termin 2026 ist angekündigt: Das Fedicamp im Wendland.
Die Vorbereitung
Mit dieser Vorgeschichte erreicht uns die Anfrage einer Gruppe von Linux-Enthusiasten aus dem Nachbarkreis. Die Initiative Gute IT aus dem Wendland lädt u.a. Fedicamp-Teilnehmer zum Linux Presentation Day („LPD“) ein. Das Veranstaltungs-Format „LPD“ gibt es schon länger, es ist ein wenig eingeschlafen aber noch aktiv. Und es hat sogar eine Wikipedia-Seite: Linux Presentation Day. Die Resonanz der Angesprochenen jedenfalls ist ausgesprochen gut.

Der Termin passt. Der Veranstaltungsort steht. Das Interesse ist da. Der Kulturverein in Platenlaase hat einen großen Saal mit Bühne für so etwas. Linux zeigen für Interessierte zum Anfassen. Da liegt es nahe, aus dem gespendeten Hardware-Pool ein paar Rechner publikumstauglich beizusteuern.
Aber was genau wollen wir zeigen? Eine Signalgruppe wird angelegt. Ein Nextcloud-Share für die Kooperation ist schnell erstellt. Die Beteiligten einigen sich auf ein buntes Programm – mehr oder weniger das, was er oder sie gerne zeigen würde. Es werden „Stationen“, also je ein Stichwort-Papier mit Themen für jede Person. Kurzvorträger werden angedacht. Verschiedene Linux-Distributionen werden diskutiert. Ohja! Eine Distro-Diskussion! Es wird gesiebt und es bleiben Linux-Distributionen übrig, um die sich jemand kümmern mag. Es soll Rechner geben, wo Interessierte unbeaufsichtigt probieren können. Wir haben die Idee Ausleger zu machen, die man neben die Rechner legen kann.

Pressearbeit muss gemacht werden, Ankündigungen verschickt, Bekannte und Interessierte angesprochen. Freundlicherweise kennt man sich im Wendland – das Team von der Initative „Gute-IT“ macht seit einiger Zeit immer mal wieder EndOf10-Veranstaltungen und Linux-Install-Parties, da hat man einen Verteiler. Nicht zuletzt die Elbe-Jeetzel-Zeitung druckt einen Veranstaltungshinweis. Wir sind gespannt, wie viele Interessierte da wohl kommen mögen.
Die Veranstaltung
Kalt ist es am Samstag. Mit dem E-Roller von Bleckede nach Platenlaase, Nebenstrecken. Um 12:00h ist Aufbau, um 14:00h soll es los gehen. Als erstes das Plakat aufgehängt, das können wir im Fablab mit unserem A0-Plotter genau so ausdrucken.

Auspacken und alles aufbauen dauert, es soll ja niemand stolpern. Hier sind schon mal zwei Laptops aus dem Fablab und der Fablab-Spiele-PC im Hintergrund vor der Bühne. Stehtische sind für so eine Veranstaltung prima.

Bevor es richtig los geht müssen wir natürlich selbst auch schauen, was auf den Laptops genau drauf ist.

Jetzt kommen die ersten Besucher. Alle haben Fragen und wir sind schnell alle sehr beschäftigt. Schnell wird auch klar: dass hier Ausprobiert werden darf, darauf muss man hinweisen.

Es gibt da so etwas wie eine Empore, da sitzt unsere Supervision in Form eines Seniors der den Raum überblickt. Fühlt sich an wie das NOC auf dem CCC-Jahresend-Veranstaltungen.

Relativ zum Schluss der Veranstaltung hin habe ich noch mein aktuelles Projekt vorgestellt. Die Nextcloud auf Kleincomputern kam ganz gut an denke ich. Die Bühne ist recht gut ausgestattet, ein Funkmikro ist für so etwas ganz prima.

Zum Schluss musste natürlich alles wieder abgebaut werden. Auch in Zeit, da am Abend eine Band angekündigt war. Auf der anschließenden Abschlussbesprechung waren sich alle einig: das wollen wir im Frühjahr wiederholen. Unsere Supervision schätzte die Besucherzahl auf bestimmt 50. Man verliert ja leicht den Überblick wenn man selbst beteiligt ist. Danach wollte ich dann auch zeitig los – im dunkeln fahre ich nicht so gerne weite Strecken mit dem beladenen Zweirad.
Das Fazit
Spaß gemacht hat es wirklich. Aber war es war schon einiger Zeitaufwand für die Vorbereitung. Ich schreibe hier mal ein paar Punkte auf, die mir aufgefallen sind.
- Die Jugend fehlte. Ich hatte zwar zwei jüngere Teilnehmer(innen) im Gespräch. Die sich u.a. für den Bazzite-Spiele PC offen zeigten. Unter dem Strich ist die Auseinandersetzung mit Rechnern und verschiedenen Betriebssystemen wohl heute so wie der Systemkampf „Kugelkopf vs. Typenrad“ ein paar Jahrzehnte zuvor. Das fiel besonders auf, weil im Kino daneben eine größere Gruppe einen selbstgedrehten Social-Media-Erfahrungsfilm aufführte.
- Das mit dem Ausprobier-PCs ist noch ausbaufähig. Ich hatte ein E-Mail-Konto für alle Demo-Rechner eingerichtet. Dann ein Nextcloud-Sync auf ein gemeinsames Konto gehostet auf einem meiner Kleinstrechner. Und dann noch je eine Windows 10-VM (Virtualbox und KVM mit Virtmanager). Nicht alles wurde benutzt. Vielleicht wäre Gamification hier ein Rezept? So etwas wie „Finde die Energieverwaltung und stelle das Verhalten ein“ oder „melde dich ab und wähle bei der Anmeldung eine andere Desktop-Umgebung“, vielleicht mit Erfolgskärtchen oder Checklisten.
- Ein großes Thema war: wie bekomme ich meine Windows-Anwendung in die Linux-Welt. Das geht von der Excel-Makrokatastrophe über alternative Anwendungen bis hin zu Spezialfragen. Ich hatte jemand mit großen Foto-Archiv, der die Anwendung „digiKam“ nicht kannte (gibt es für Windows und stammt aus dem KDE-Pool). Ich hatte jemand, der eine USB-Crypto-Wallet betreibt und sich fragt, ab er das mitnehmen kann (geht vielleicht mit Virtualbox-USB-Durchschleifen, aber nicht die OSE-Version und nur mit Extension-Paket).
- Dass man Windows virtualisieren kann: Diese Kenntnis ist erstaunlich wenig verbreitet. Es gab immer wieder „AHA!“ wenn ich die Shared-Folder zwischen Windows und Linux zeigen konnte oder auch leichte Irritationen beim Thema KVM vs Virtualbox. Auch dass es bei den meisten Laptops möglich ist, die Festplatte bzw. die SSD oder die M2-NVME zu tauschen ist nicht jeder Person geläufig.
- Unterschätze niemals deine User! Wir hatten für alle Mitstreitenden explizite Listen mit Themen, die wir jeweils zeigen mögen („Station A“ bis „Station S“). Nun gab es offenbar Leute, die anhand dieser Listen sich genauestens vorbereitet hatten um ein maximum an Fragen loszuwerden.
Zwischendurch gab es noch eine Fortführung der Distro-Diskussion. Offenbar gibt es einen neuen Spitzenreiter auf Distrowatch. Dort hat das Archlinux-basierte „CachyOS“ den ewigen Ersten „LinuxMint mit Cinnamon“ verdrängt. Meinen Einwurf, ein Archlinux-basiertes System sei nichts für Normalbürger muss ich jedenfalls in Teilen zurücknehmen. Ich habe CachyOS im Nachgang ausprobiert und werde wahrscheinlich das mühsam und zu Fuß installierte Archlinux umstellen.
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